Nach der Tat – zu welchem Urteil kommen wir?

Als Franz Woyzeck hat Julian W. Koenig für das THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe alptraumhaft dessen Lebenssituation in Georg Büchners gleichnamigen Stück „Woyzeck“ bis zum Mord an Marie nachgespielt. Grusel, Ekel, Beklommenheit auf Seiten des Publikums waren die Folge bei den 50 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 des Wirtschaftsgymnasiums an der Wilhelm-Schickard-Schule. Nach dem Stück äußern einige Schülerinnen und Schüler aber auch, wie sehr sie das Spiel des freien Schauspielers beeindruckt hat, wie dadurch die Situation so gefühlsecht erlebbar wurde.

Koenig ist Franz Woyzeck für eine Stunde – missbraucht, gehetzt und abgerissen, ausgemergelt, von Wahnvorstellungen heimgesucht. Ebenfalls spielt er die Marie, den Hauptmann, den Doktor und den Tambourmajor. Diese Charaktere tauchen nacheinander aus den Lumpen auf, die grau verdreckt den Boden der Bühne im Klassenzimmer bedecken. Es sind Puppen mit Köpfen und Händen. Ihre Kleider verraten ihre Rolle. Augen haben sie nicht, und sie sehen ebenfalls ungepflegt, verdreckt und grau aus, wie Zombies. Das sei die Idee bei der Umsetzung gewesen, so Koenig im anschließenden Gespräch. Es wird ein nach der Tat geflohener Woyzeck gezeigt, den die vergangenen Ereignisse heimsuchen und der sie erneut durchlebt. „Es ist immer schon eine Interpretation, wenn ein Stück inszeniert und aufgeführt wird“, gibt Koenig seinem Publikum zu bedenken.

Das Konzept von TmS ist es, die Pflichtlektüren fürs Abitur auf die Bühne zu bringen und mit den Vorstellungen an die Schulen zu gehen. Nach der Vorstellung zeigt sich, dass die Schülerinnen und Schüler wertschätzen, was sie hier gerade erleben durften. Ein Schüler fragt Julian Koenig nach seinem Beruf, nach Verdienst und Aufstiegsmöglichkeiten.

Die One-Man-Show ist eine logistische Hochleistung. Im Transporter fährt der Schauspieler die Bühne an und baut sie auf, sie ist perfekt! Während des Spiels steuert derselbe die Geräuschkulisse über eine ins Kostüm eingenähte Fernbedienung, die das Gerät hinter der Bühne ansteuert, damit zum Beispiel eine hässliche Sirene ihn und die Zuschauer ans Erbsen essen erinnert und der Marktschreier hörbar wird.

„Was gafft ihr! Guckt euch selbst an“, sind Woyzecks alias Koenigs letzte Worte und er richtet sie direkt an die Zuschauer. Woyzecks Schicksal, Maries Tod und wie alles dazu kommen konnte, dieser Frage werden die Schülerinnen und Schüler weiter nachgehen.

Informationen zum Titelbild:

Julian W. Koenig verkörpert bestürzend echt den von Wahnvorstellungen heimgesuchten Woyzeck umringt von den Stimmen der Gesellschaft.