Der Abschied der Ella Kleine

Ella Kleine macht das Abi  – 2019 zum letzten Mal. Nach diesem Schuljahr verabschiedet sich die Abteilungsleiterin des Wirtschaftsgymnasiums an der Wilhelm-Schickard-Schule in den Ruhestand und damit geht eine wahre Ära zu Ende.

Fünfzehn Jahre lang hat die Studiendirektorin die Abteilung WG in Tübingen geleitet und nachhaltig geprägt. Bei ihr gingen die Schülerinnen und Schüler mit ihren Fragen, Ideen, Sorgen und Nöten ein und aus und fühlten sich gut aufgehoben. Mit dem Beruf der Lehrerin hat Ella Kleine, wie sie resümiert, den richtigen ergriffen. Auch wenn sie sich nach dem Referendariat zunächst gegen eine Bewerbung für den Schuldienst entschied. Das Schulsystem habe sie – auf der anderen Seite der Tische im Klassenzimmer – irritiert, die selektive Sortierung befremdet. Der Wunsch zu unterrichten und damit Menschen bei einer sinnvollen Lebensgestaltung zu helfen aber blieb und wurde von ihr zunächst an anderen Stellen geschliffen und verfeinert. So nahm Ella Kleine ihre Unterrichtstätigkeit in ihren Studienfächern Deutsch und Sport zunächst bei den Schülerinnen und Schülern der Tübinger Waldorfschule auf. Hier habe sie viel gelernt und profitiere bis heute von den Impulsen der Waldorfpädagogik: „Den Menschen in seiner Entwicklung zu begleiten, zu erkennen, dass es um seinen Weg gehe, und jeden einzelnen dabei zu unterstützen.“

1986 und 1989 wurden die beiden Söhne der Kleines geboren und nach der Kinderzeit gab Ella Kleine bei Infö Alphabetisierungskurse für Aussiedler und Ausländer und sie konzipierte eigens für Roma-Frauen Alphabetisierungskurse. 1992 kam sie schließlich über eine Krankheitsvertretung an die WSS – und blieb. „Mit offenen Augen“ sei sie in das berufliche Schulwesen gegangen, dessen riesiges, buntes Spektrum an Schüler*innen sie fasziniert habe. „Von Stunde zu Stunde sitzen da immer ganz andere Menschen und die brauchen ganz andere Dinge“, so spricht Ella Kleine von den zahlreichen unterschiedlichen Schularten und Berufsschulklassen unter dem Dach der kaufmännischen Schule. Im Laufe der Jahre und ihrer Zeit an der Wilhelm-Schickard-Schule wird Kleine Frauenvertreterin, vertritt Kolleginnen und Kollegen im ÖPR und unterstützt die Abteilung WG als Oberstufenberaterin. 2003 bringt sie die Alumni-Begegnungen auf den Weg mit Schülerinnen und Schülern des WG und der Praktikantin Christine Biebl. Seither besuchen einmal im Jahr ehemalige Abiturient*innen der WSS die Schüler*innen der Jahrgangsstufe eins und erzählen von ihren Erfahrungen in der „Welt da draußen“. Im Sommer 2004 übernimmt Ella Kleine dann die WG-Abteilungsleitung – „den vollen Job“, ergänzt sie bedeutungsvoll.

In den 27 Jahren im Kollegium der WSS entwickelten sich auch Freundschaften, erinnert sich Ella Kleine, „aber eigentlich wichtiger war mir immer, dass wir gut zusammenarbeiten können und dass wir eben gemeinsame Ziele haben – das sollte immer vor den Unterschieden und natürlich oft verschiedenen Haltungen und auch privaten Einstellungen stehen.“ Konstruktiven Streit habe sie erlebt, zermürbende Auseinander-setzungen habe sie zu vermeiden versucht. Abschließend gibt Ella Kleine noch einen Erfahrungswert weiter: „Gut zusammenzuarbeiten, Kompromisse zu finden, auch Spielräume für Besonderes zu haben, macht nachhaltig gute Laune. Und die brauchen wir im Alltag als Pädagoginnen und Pädagogen besonders – davon bin ich jedenfalls überzeugt.“

Und für sich selbst? „Ich weiß gar nicht, wie das ist, wenn ich nicht in die Schule gehe. Was passiert dann?“, fragt sich Ella Kleine augenzwinkernd. Mit ihrem Mann Jürgen Kleine will sie im alten VW-Bus insbesondere das östliche Europa entdecken und auch: „mit ganz kleinen Kindern arbeiten. Kleine Kinder sind klasse!“