Ein Tag im Gefängnis

Angehende Rechtsanwaltsfachangestellte durften sich zusammen mit ihrem Klassenlehrer, Herrn Bayer und der Schulsozialarbeiterin, Frau Killinger, einen Eindruck darüber verschaffen, wie es den Menschen hinter den Mauern geht.Während der Führung durch verschiedene Hafthäuser haben wir erfahren, wie der Alltag dort abläuft. Die momentan 590 Gefangenen werden von 160 Mitarbeitern des Vollzugsdienstes begleitet. Für die Inhaftierten besteht Arbeitspflicht, der mit rund 1,50 Euro pro Stunde entlohnt wird. Ein Teil davon wird automatisch für das Übergangsgeld zur Entlassung angespart, mit dem Rest finanzieren sich die Bewohner den kleinen Luxus von Radio/Fernsehgebühren, Telefonieren mit Angehörigen, zusätzliche Lebensmittel und hauptsächlich für Tabak, Kaffee oder Cola. Drei Stunden im Monat ist Besuch erlaubt, der vorher beantragt und terminiert werden muss. Dass in den Hafträumen, die oft doppelt belegt sind (durchschnittlich 4,5 Quadratmeter Platz pro Person), nur kaltes Wasser aus dem Hahn kommt und Duschen in der Regel nur alle zwei Tage erlaubt ist, ist eine der Tatsachen, die uns aufzeigt, was wir „draußen“ für selbstverständlich halten. Bei den Arbeitseinsätzen wird, soweit möglich, Rücksicht auf Interessen und Fähigkeiten genommen und man kann auch eine Ausbildung zum Beikoch und Bäcker machen, einen Schweißkurs besuchen oder den Hauptschulabschluss nachholen.

Besonders eindrücklich war die Besichtigung des „besonders gesicherten Haftraumes“, der sogenannten B-Zelle (Raum ohne Möbel und mit Stehtoilette), deren Nutzung ca. 40 Mal im Jahr notwendig wird, wenn sich Gefangene in einer nicht zu beruhigenden Ausnahmesituation befinden und Selbst- oder Fremgefährdung droht. 

Im gelockerten Bereich des halboffenen Vollzugs können sich die Gefangenen, die meistens im Küchenbereich oder in der Bäckerei arbeiten, auf ihrem Stockwerk relativ frei bewegen und haben sogar einen eigenen Schlüssel für ihren Haftraum.

Die Haftdauer geht von der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen bei nicht bezahlten Geldstrafen bis hin zu lebenslänglich. Genauso groß ist auch das Altersspektrum der inhaftierten männlichen Erwachsenen.

Ein Gefangener erzählte im persönlichen Gespräch, das im historischen Kirchenraum des ehemaligen Klosters stattfand, dass er sich seit 6 Jahren in Haft befindet. Er wollte uns nicht verraten, wofür er die Strafe erhalten hat, deren Dauer Vermutungen offen lässt. Er bereue seine Tat und vorallem die Folgen für die Angehörigen. Was er am meisten vermisse? „Zum Bäcker gehen und mit dem Hund gassi gehen, normale Sachen halt wie mit der Familie Kaffee trinken….Freiheit an sich“. Er wirkt sympathisch, kann sich gut ausdrücken und spricht ganz ruhig. „Sie sprechen wie ein Psychologe“, sagt eine Schülerin. Seine Strategie, im Gefängnis zurecht zu kommen lautet: „Jetzt ist es so, jetzt machst Du das beste draus“. Darunter versteht er, „so normal wie möglich zu sein, sich für Sachen interessieren und einen richtigenTagesablauf zu haben“. Er hat Glück, einen guten Kontakt zu seiner Familie zu haben, die ihn regelmäßig besucht.

Die Zeit unserers Besuches verging für uns, im Gegensatz zum Aufenthalt der Bewohnern, im Nu und beim Warten an der Schleuse (ein einfahrender LKW musste kontrolliert werden) hat uns ein junger, frisch gebackener Vollzugsbeamter von seiner Ausbildung erzählt, wie er dazu gekommen ist, dass es ihm sehr gefällt und seine Tätigkeit abwechslungsreich ist.

04.07.19

Edith Killinger

Schulsozialarbeit